Zwei Krähen

(frei nach der schottischen Border Ballad "Twa Corbies")

Als ich allein ging am Waldessaum,
hört’ ich zwei Krähen krächzen im Baum.
Die eine sprach zur anderen da:
Was woll’n wir heute speisen, krah?

Da sprach die andre: „Nah ist ein Ort,
ein armer Cair liegt verwundet dort.
Und niemand weiß, dass er sterbend liegt,
als er selbst und der, der ihn besiegt.

Er selber murmelt den letzten Fluch,
sein Meister macht einen Strich ins Buch,
und die Flamme singt ein neues Lied.
Mein Bruder, guten Appetit!

Ich hock mich auf die gespaltne Stirn
Und kost’ von Augen und Gehirn.
Und mit seinem schwarzgelockten Bart
Stopf ich mir’s Nest, denn der Winter naht.

Bald legen wir seine Knochen bloß,
sie glänzen weiß unterm Himmel groß.
Und wenn der erste Schnee vom Himmel schwebt,
wissen nur noch wir, dass er gelebt.“

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