Trotz ihres trübsinnig klingenden Namens sind gerade die Philosophen der Seelenlosen für ihre Heiterkeit bekannt. Sprichwörtlich „Lustig wie ein Seelenloser“ ist jener, der „feiert wie ein Seelenloser“. Bissig nennen Gegner diese Philosophenschule auch „lose Seelen“.
Den Seelenlosen selbst ist dieser Ruf keineswegs so Recht, immerhin handelt es sich um eine ernsthafte und naturwissenschaftlich ausgelegte Philosophenschule, der es nicht vor allem darauf ankommt, sich zu amüsieren.
Das Weltbild der Seelenlosen besagt, dass die Welt aus unzähligen winzig kleinen Teilchen besteht, die sich in ständiger chaotischer, nicht berechenbarer Bewegung befinden. Aus diesen Teilchen formt sich alles, was existiert, zerfällt nach einer gewissen Zeit jedoch auch zwangsläufig wieder. Dieses Phänomen wird „Zeit“ oder „Sterblichkeit“ genannt. Durch die chaotische und willkürliche Bewegung der Teilchen schließt sich jeder höhere Sinn und erst recht so etwas wie Schicksal oder Ziel der Schöpfung von selbst aus. Schon allein diese Annahmen machen die Seelenlosen zu den Gegnern der Ordnungsmacher. Da die Seelenlosen von der Stofflichkeit und damit Sterblichkeit alles Existenten überzeugt sind, glauben sie auch nicht an Götter oder unsterbliche Seelen. Aus diesem Glauben bezieht ihre Gemeinschaft auch den Namen.
Der Glaube an die absolute Sterblichkeit alles Existenten macht die Seelenlosen zu Lebenskünstlern, die ein möglichst angenehmes Leben anstreben. Denn wenn ohnehin alles nach gewisser Zeit endet, so sagen sie, wozu soll man sich in der Zeit, die einem bleibt, noch sinnlos quälen? So gehen sie allem aus dem Weg, was Unannehmlichkeiten bedeuten könnte, und wenden sich allem zu, was Freude macht. Dabei kommt es ihnen jedoch nicht darauf an, alles zu tun, worauf sie gerade Lust haben, sondern sich längerfristige Freude am Leben zu garantieren, etwa durch Unterhaltungen mit Freunden oder kreative Tätigkeit. Dass den Seelenlosen Orgien und Besäufnisse nachgesagt werden, ist hauptsächlich auf jene zurückzuführen, die gern den philosophischen Deckmantel über ihre Ausschweifungen breiten. Freilich ist dies nicht im Sinn der Lehre.
Unter den Seelenlosen befinden sich bedeutende Naturwissenschaftler; ihr ungewöhnliches Weltbild vermag viele natürliche Fakten zu erklären. Dennoch hat es sich bislang nicht allgemein durchgesetzt.
Seelenlosen verweigern jede politische Tätigkeit oder gesellschaftliches Engagement, denn dies könnte Aufregung nach sich ziehen. Daher wird ihnen von den verfeindeten Ordnungsmachern nicht ganz zu Unrecht Egoismus und Nutzlosigkeit für den Staat vorgeworfen. Vor GRIPS Umwälzung, heißt es, existierte diese Philosophenschule übrigens nur im Untergrund, inzwischen hat sie sich in allen Bevölkerungsschichten ausgebreitet, wenn auch ihre Mitglieder keinen allzu guten Ruf genießen.