Halbelfen
von Philus F. Tinker


Halbelfen; männlich und weiblich

Allgemeines und Physiognomie

Ein Überbleibsel aus der Vergangenheit sind die Mischlinge aus Elfen und Menschen, gemeinhin als Halbelfen bezeichnet. Da heutzutage keine Elfen mehr leben, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Halbelfen vollkommen in der menschlichen Rasse aufgehen. So gibt es auch bereits zahlreiche Halbelfen, die sich körperlich kaum noch von Menschen unterscheiden, doch auch andere, denen man die Verwandtschaft mit der ausgestorbenen Elfenrasse deutlich ansieht.

Generelle Merkmale für Halbelfen lassen sich kaum zuordnen, unterscheiden sich doch alle je nach Grad ihrer Verwandtschaft mit den Elfen voneinander. Über ihr Aussehen lassen sich daher nur durchschnittliche Feststellungen treffen: So sind sie gewöhnlich um etwa einen bis einen halben Kopf kleiner als Menschen und zierlicher, ja schmächtig gebaut. Ein Umstand, der auf viele, wenn auch nicht auf alle Halbelfen zutrifft, erleichtert diesen das Leben: Sie pflegen etwas von der sprichwörtlichen Schönheit ihrer elfischen Verwandten zu besitzen, was sie auch für das menschliche Auge ausgesprochen anziehend wirken lässt.

Abweichend vom menschlichen Äußeren besitzen Halbelfen häufig ungewöhnliche Augen- und Haarfarben. So kommen etwa fliederfarbene, gelbliche, rötliche oder violette Augen neben den menschlichen Augenfarben vor. Auch das Haar kann einen auffallend bunten Schimmer besitzen, rötlich, bläulich und grünlich, und sogar bei jungen Halbelfen ist es häufig von weißen oder grauen Strähnen durchzogen. Die spitzen Ohren, die man ihnen nachsagt, bleiben dagegen oft eher unauffällig, auch sind viele Halbelfen bemüht, diesen Makel zu verbergen. Der Bartwuchs bei männlichen Halbelfen ist im Durchschnitt eher spärlich.

Heutzutage gibt es vermutlich kaum noch Halbelfen, die ihre elfischen Verwandten persönlich kannten, wenn auch das Mischvolk ein erstaunliches Alter von bis zu 250 Jahren erreichen kann. Worauf diese außerordentliche Langlebigkeit – die bei den Elfen noch weiter ausgeprägt gewesen sein soll – zurückzuführen ist, ist bislang noch unbekannt.

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Intellekt und Fähigkeiten

Es ist an Halbelfen allgemein ein verlangsamter Entwicklungs- und Alterungsprozess zu beobachten. So dauert ihre Kindheit im Schnitt etwa dreißig Jahre, und wenn wir Menschen bereits Lebenserfahrung gesammelt haben und in Berufen tätig sind, zeigen Halbelfen noch immer eine kindliche Naivität, die ihnen das Berufsleben erschwert.

Auch im Alltag verhalten sich die Mischlinge interessanterweise stets so, als hätten sie viel Zeit, und kaum jemals sieht man, wie ein Halbelf sich beeilt. Sämtliche Tätigkeiten führen sie wesentlich langsamer aus als Menschen oder Halborks, was sie für die Arbeit in Manufakturen denkbar ungeeignet macht. Zu allem legen sie häufig eine vollkommen weltfremd anmutende Heiterkeit an den Tag, die von den meisten Menschen nicht nur als unpassend, sondern sogar als außerordentlich albern empfunden wird. Vor allem vom Wert ernsthafter, wissenschaftlicher Arbeit scheinen Halbelfen schwerlich überzeugt werden zu können. Obgleich die Universitäten für die Halbelfen im Gegensatz zu den Halborks nicht gesperrt sind, findet man nur wenige dort vor. Gerade das ist bedauerlich, hätten sie doch aufgrund ihrer hohen Lebenserwartung die Möglichkeit, einen außerordentlichen Wissensschatz anzuhäufen, ja sogar menschliche Wissenschaftler in ihrer Bildung zu übertreffen. Diese Möglichkeit lassen sie freilich ungenutzt. Ja, ich kenne Halborks, die für die akademische Laufbahn besser geeignet wären als manche Halbelfen. Ihre Zulassung an die Universitäten lässt sich vermutlich auf ihr Äußeres zurückführen, denn sie gleichen den Menschen mehr als die Halborks. Angesichts dieser Umstände sollte man in der Tat die Behandlung überdenken, die wir den Halborks angedeihen lassen.

Man muss bei alledem jedoch ausdrücklich sagen, dass das absonderlich anmutende Verhalten der Halbelfen nicht auf eine mangelnde Intelligenz zurückzuführen ist. Ebenso wenig scheint es auf Erziehung zurückzuführen sein. Wächst ein Halbelf bei einer verantwortungsbewussten Menschenfamilie auf, kann er zwar zum Pflichtbewusstsein erzogen werden; mit regelmäßiger, seriöser Arbeit wird er sich dennoch schwer tun. Ja, einem Halbelfen scheint durchaus die Zeit nicht lang zu werden, wenn er stundenlang nur dasitzt und in die Luft schaut.

Neben ihrer fast sprichwörtlichen Heiterkeit neigen Halbelfen jedoch ebenso zur Melancholie. Sie können ganze Tage, ja Wochen damit verbringen, sich an einen abgelegenen Ort zurückzuziehen und über irgend eine unbedeutend erscheinende Kleinigkeit in Schwermut zu versinken. Fragt man sie nach dem Grund, erhält man meist keine befriedigende Antwort. Rätselhaft sind die spontanen, dafür umso ausgeprägteren Emotionen der Mischlinge für das Menschenvolk!

Erwähnenswert ist noch das ausgeprägte künstlerische Talent vieler Halbelfen. Sie scheinen von Natur aus den schönen Künsten zugeneigt. So gibt es unter ihnen zahlreiche begabte Tänzer, Sänger, Schauspieler, Maler und Musiker.

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Position innerhalb der Gesellschaft

Aufgrund der angeführten Punkte kann es nicht überraschen, dass Halbelfen in unserer fortschrittlichen Gesellschaft eher eine Außenseiterrolle einnehmen. Da sie an Universitäten, ja in der Wissenschaft überhaupt, so spärlich vertreten sind, haben sie sich den Ruf eingehandelt, einen „unfortschrittlichen Charakter“ zu haben – sicherlich ein ungerechtes Urteil, wenn man bedenkt, wie nahe manche von ihnen den Menschen stehen.

Trotz ihrer „Unwissenschaftlichkeit“ werden sie von den Menschen nicht so sehr verachtet wie die Ork-Mischlinge, was wohl zum großen Teil auf ihr angenehmes Äußeres zurückzuführen ist. Diesem Äußeren haben es die Halbelfen sicherlich zu verdanken, dass sie trotz ihrer Tagträumereien mit Nachsicht behandelt werden und aufgrund schlechter Leistungen selten wirklich in Not geraten. Andererseits wird ihnen ihre Schönheit nicht selten zum Vorwurf gemacht. Besonders menschliche Frauen beschuldigen weibliche Halbelfen häufig, diese würden sich in oberflächlicher Weise nur durch ihr Äußeres höhere Positionen sichern, als es ihrer Leistung angemessen wäre. Inwiefern dies der Wahrheit entsprechen mag, möchte ich nicht beurteilen.

Aufgrund ihrer friedfertigen und freundlichen Wesensart haben Halbelfen selten Schwierigkeiten, Freundschaften mit Menschen zu schließen, was ihnen natürlich ebenfalls zum Nutzen gereicht.

In künstlerischen und kreativen Berufen sind sie häufiger vertreten. So profitiert auch die Modebranche von ihrer Kreativität; zahlreiche neue Entwicklungen in der Mode verdanken wir diesem Mischvolk.

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