Orks; männlich und weiblich (alte Frau)
Allgemeines und Physiognomie
Der Verhältnis zur Rasse der Orks ist für uns Menschen meist von einem Gefühl der verächtlichen Überlegenheit, wenn nicht gar von latenter oder offener Feindschaft geprägt. Dennoch vermutet die moderne Forschung, dass der Unterschied zwischen Menschen und Orks weit geringer ist als bislang vermutet, ja sogar, dass vielleicht beide zur selben Art gerechnet werden müssen. Es sind dies freilich erschütternde und nicht ungefährliche Erkenntnisse in unseren unruhigen Zeiten.
Das Volk der Orks unterscheidet sich schon rein äußerlich von den Menschen. Während männliche Orks muskulöser, breitschultriger und gut einen Kopf kleiner sind als der durchschnittliche Mensch, verhält sich dies bei weiblichen Orks eher gegenteilig. Die hochgewachsenen, hageren Weibchen überragen Menschen um eine gute Handbreit. Auch wirken sie mit ihren schmalen Hüften und ebenfalls breiten Schultern nach unseren menschlichen Maßstäben nicht eben weiblich. Beide Geschlechter besitzen ausgeprägte Eckzähne im Unterkiefer, die meist abwertend als „Hauer“ bezeichnet werden. Diese Eckzähne ragen über die Lippen aus dem Kiefer heraus und verleihen den Orks zusammen mit ihren tiefliegenden Augen und plattgedrückten Nasen ihr typisches Aussehen, welches von uns Menschen als ausgesprochen abstoßend empfunden wird. Die Augen der Orks sind tiefschwarz; sobald Licht hineinfällt, entwickeln sie einen rötlichen Schimmer. Ihre Haut dagegen kennt unterschiedliche Varianten von Braun- und Grüntönen, am häufigsten ist ein unauffälliges, stumpfes Dunkelgrün. Ihr Haar ist ebenso schwarz wie ihre Augen; sie formen es zu allerlei sonderbaren Frisuren, und nur hochrangige Frauen tragen es offen. Die wildlebenden Orks kleiden sich in Leder und gewebte Pflanzenfasern, sie tragen Waffen aus Knochen und gehärtetem Holz. Wo sie jedoch mit den Menschen zusammentreffen, hat sich ihre Lebensart verändert. Selbst wo sie weiterhin ihren Traditionen anhängen, so bewaffnen sie sich doch gern mit allen Mordwerkzeugen, welche unsere geschätzte moderne Wissenschaft hervorbringt.
Intellekt und Fähigkeiten
Zur Magie sind Orks offenbar nicht ganz so häufig befähigt wie Menschen, wenn auch Zauberkundige in ihren Sippen keine Seltenheit darstellen.
Freilich fehlt ihnen in ihrer ursprünglichen Umgebung die akademische Bildung.Orks sind ausgesprochen kräftige Wesen, selbst die kleineren Männer können einen Menschen ohne Schwierigkeiten niederschlagen oder zu Boden reißen. Zudem beweisen sie gegenüber natürlichem Unbill wie Kälte, Hitze oder Unwetter eine große Widerstandskraft. Verblüffenderweise stellen jedoch Krankheiten, die uns Menschen nur lästig sind, eine tödliche Gefahr für dieses sonst so zähe Volk dar. Nicht erst einmal fiel eine gesamte Ork-Sippe Erkältungen oder Influenza zum Opfer. Die Gründe für dieses Phänomen konnten bislang nicht ergründet werden. Im Durchschnitt erreichen Orks ein Alter von etwa vierzig Jahren.
Was den Intellekt der Orks im Vergleich zu dem der Menschen betrifft, so ist sich die Wissenschaft bislang noch nicht einig geworden. Einige Forscher favorisieren die Ansicht, dass der orkische Geist dem menschlichen bei weitem unterlegen sei. Diese Auffassung wird jedoch durch heutige Forschungen, ja sogar durch aktuelle politische Ereignisse widerlegt. Nicht nur die Wissenschaft, sondern jeder Bürger Phainomainicas ist aufgefordert, seinen Verstand zu gebrauchen und sich aufgrund der unwiderlegbaren Fakten ein eigenes Bild zu machen.
Gesellschaft und Gebräuche
Die Heimat der Orks sind die weitläufigen östlichen Steppengebiete Lukiens. Orks leben in Gemeinschaften, die nur zehn, aber selten auch bis zu mehreren hundert Individuen umfassen können. Eine solche Gemeinschaft wird als Sippe oder auch als Zug bezeichnet, da sie keinen festen Wohnsitz hat, sondern in ihrem Territorium umherzieht. Seinen Namen bezieht der Zug in den meisten Fällen von einer halbmythischen Gründerin; so ist etwa der Zug der Kima oder der Mrakesh aus der Geschichte bekannt.
Die Gemeinschaft wird von den weiblichen Orks dominiert, welche von Seiten der Männer besondere Ehrerbietung genießen. Noch mehr als die Männer besitzen die Frauen ein hitziges Gemüt, und vor allem zur Zeit der Fortpflanzung sollen sie überaus gereizt auf jede Störung reagieren. Im Übrigen sind weibliche Orks nur einmal jährlich fortpflanzungsbereit.
Die Schwangerschaft der Orkin dauert mit 13 Monaten außergewöhnlich lang. Dafür ist das Orkkind auch bereits im Alter von fünf oder sechs Wochen in der Lage, allein zu laufen. Bis dahin wird es auf dem Rücken oder vor dem Bauch der Mutter in einem Tuch umhergetragen.
In der Gemeinschaft herrscht eine gewisse Rangordnung vor. Den höchsten Rang bekleiden die sogenannten Geschichtenerzählerinnen, alte Orkfrauen, welche die Geschichte und die Traditionen ihres Zuges bewahren und weitergeben. Zur Zeit seiner Umwälzung ließ Sunderwright unzählige Geschichtenerzählerinnen niedermachen, um auch unter den Orks die Erinnerung an ihre Religion und Vergangenheit auszutilgen.
Eine Schriftsprache besitzen die Orks nicht; wohl gebrauchen Geschichtenerzählerinnen zur Wiedergabe komplexer Handlungen verknotete Schnüre, in die geschnitzte Knochen, Lederstücke oder Steine geflochten sind. Inwiefern diese Gegenstände den Inhalt der erzählten Geschichte bewahren, wurde bislang nicht erforscht.
Der Grund, weshalb Frauen den Zug anführen, ist darin zu suchen, dass sie für die Männer als höhere Wesen gelten, weil sie ihn ihren Körpern die Nachkommenschaft der Sippe bilden. Allein Frauen ist es gestattet, kreative und künstlerische Tätigkeiten wie Malen, Musizieren, Tanzen etc. zu verrichten. Zudem stellen sie aus Rohmaterialien Dinge her, die der Zug zum Überleben benötigt. Die Männer versorgen die Familien mit Fleisch und pflanzlicher Nahrung, wozu sie die Hilfe der Teske benötigen. Die hundeartigen Teske nehmen eine wichtige Position innerhalb der orkischen Kultur ein. Dass mindestens so viele Teske wie Orks in den Lagerstätten leben, ist nichts Ungewöhnliches. Sie teilen Schlafplätze und Nahrungsmittel der Orks; vor allem säugen die Weibchen die orkischen Kinder. Zudem ziehen drei bis fünf Teske einen Schlitten, vor den sie mit ledernem Geschirr gespannt werden. Auf ihren Schlitten transportieren die Orks die Gestänge und Hüllen ihrer Zelte; die abgeschmirgelten Kufen gleiten leicht über den sandigen Steppenboden.
Die orkischen Zeltdörfer werden im Abstand von mehreren Wochen oder gar Monaten abgebrochen und an einer anderen Stelle erneut aufgebaut, wobei sich die Orks vor allem an den Reisewegen der Sjendar-Antilopen orientieren. Die Antilopen stellen nicht nur ihr Hauptnahrungsmittel dar, sondern liefern ihnen auch Knochen und strapazierfähiges Leder.
Doch heute erblickt man eher selten die farbig bemalten Zelte, die den menschlichen Siedlern der Orksteppen so häufig Schrecken einjagten. Die zunehmende Ausbreitung der Dörfer und Städte und die Jagdlust der Menschen haben nicht nur den Bestand der Antilopen zurückgehen lassen, sondern den Lebensraum der Orks insgesamt verkleinert. Die Orks reagieren auf die Veränderung ihrer gewohnten Lebenswelt nunmehr mit Abwanderung in die Randzonen der Menschenstädte, was erneut Probleme mit sich bringt.
Position innerhalb der (menschlichen) Gesellschaft
Sowohl ihnen selbst als auch ihren Nachbarn gereichte stets das ausgeprägte Territorialverhalten der Orks zum Nachteil. Orks legen großen Wert darauf, ein Stück Land als ihnen zugehörig zu betrachten. Jeder Eindringling wird gnadenlos angegriffen; lässt er sich nicht verjagen, fällt er den Attacken häufig zum Opfer. Nach wie vor neigen einige der Züge dazu, die Köpfe der Eindringlinge rings um ihre Zeltdörfer auf Stangen zu stecken. Bedauerlicherweise reagieren Orks in jedem Gebiet, das sie für sich beanspruchen, aggressiv auf Eindringlinge, so auch in den Menschenstädten. Häuser, ja sogar ganze Straßen werden erbittert von ihren orkischen Bewohnern gegen „Eindringlinge“ verteidigt, und wenn es sich dabei nur um die Wache handelt. Schlecht beraten ist jeder Mensch, der sich auf den Nahkampf mit einem Ork einlässt. Es ist sicherlich diese Aggression, die dem orkischen Volk seinen barbarischen Ruf eingetragen hat und auch weiterhin einer Aussöhnung mit den Menschen hinderlich im Wege steht.
In den letzten Jahrzehnten kann man eine zunehmende Vermischung der Menschen und Orks beobachten. Die Unterstellung, die als Halborks bezeichneten Mischlinge kämen ausschließlich durch Vergewaltigungen von orkischer Seite aus zustande, muss zurückgewiesen werden. Vielmehr scheint es so, als hätten sich Menschen und Orks besonders in den Randgebieten der Städte mit der gegenseitigen Anwesenheit nicht nur abgefunden, sondern sich im Lauf der Zeit auch angenähert.
So sind Halborks inzwischen häufiger in den Städten anzutreffen als Orks selbst, ja sie gehören zweifellos zum gängigen Stadtbild.