Yunai
von Philus F. Tinker

Übersicht

Hautfarbe: dunkelbraun bis bronzefarben
Haarfarbe: schwarz, manchmal mit bläulichem oder rötlichem Glanz
Augenfarbe: helles Blau, Grün oder Grau
Größe: selten größer als 1, 80 m
Heimat: Yun
Sprache: yurak
Besondere Fähigkeiten: intuitiver Umgang mit Flüssig-Hexol
Status: Unterdrücktes Volk, dessen Kultur langsam zu Grunde geht
Erwähnenswertes
sehr altes Volk mit reichem Sagenschatz, der auch von Sunderwright nicht vollständig vernichtet werden konnte. Die yunische Kultur ist einzigartig und unterscheidet sich stark von der in der restlichen Welt.

Aussehen

Yunai sind gewöhnlich eher zierlich gebaut und nicht besonders breitschultrig. Während sie wesentlich dunkelhäutiger sind als die Festlandbewohner, haben sie helle Augenfarben. Auch die yunischen Männer tragen ihre Haare lang. Indem sie ihre Haare auf bestimmte Arten zusammenbinden, zeigen sie ihrem Gegenüber ihre Feindschaft und/oder Absicht, Gewalt anzuwenden. Daher ist bei Yunai mit zusammengebundenen Haaren Vorsicht geboten! Offenes Haar dagegen signalisiert friedliche Absichten. Kurzes Haar wird von den Yunai als Provokation empfunden, da es sich, von vorn gesehen, aus der Entfernung mit zusammengebundenem verwechseln lässt. Meist tragen nur ältere Männer Bärte. Wie auch die Skrit haben die Yunai generell schön geschnittene Gesichter. Möglichst dunkle Haut und Augen in der Farbe von Hexol gelten bei ihnen als Schönheitsideal (Bevor sie die ersten Festländer sehen, dachten die Yunai, nur Geister und Dämonen seien bleichhäutig. Daher hielten sie die Es-Chatonicaner auch zunächst für Dämonen).

Sie kleiden sich in Tücher aus bunten Farben, die sie sich um den Körper wickeln, meist eines dabvon als Oberteil und eines als Hose oder Rock. Ob Hose oder Rock bevorzugt wird, hängt nicht vom Geschlecht, sondern von der gesellschaftlichen Stellung ab: Nur jemand, der nicht körperlich arbeiten muss, trägt einen Rock.

Alter yunischer Mann (zum Vergrößern klicken)

Lebensart

Alle ursprüngliche yunische Kultur, Ansichten, Lebensweise und Gesetzgebung unterscheiden sich so stark von der restlichen Welt, dass es häufig schwierig ist, sich mit Yunai zu verständigen und sie richtig einzuschätzen. Da die Yunai jahrhundertelang ungestört auf ihren Inseln lebten, war es ihnen möglich, eine so eigene Kultur auszuformen.

Bereits kurz nach dem Fall der Chrymäer und lange bevor sich erneutes Leben auf dem Festland regte, entwickelten die Yunai den Ackerbau, errichteten Häuser, gründeten Städte und führten die Monarchie ein. Sie fuhren auch zur See und erreichten Chrymäa, aber da sie dort ein zerstörtes Land ohne Zivilisation vorfanden, maßen sie ihrer Entdeckung keine Bedeutung bei und vertraten lange die Meinung, sie seien die einzigen Menschen auf der Welt. Nachdem die yunische Kultur eine bestimmte Stufe erreicht hatte, entwickelte sie sich kaum noch weiter – bis jetzt.

Die Lebensweise auf Yun hat sich in den letzten sieben Jahren rapide verändert. Während die Inselbewohner zuvor größtenteils ein schlichtes Leben als Bauern und Fischer führten und ihre Geschichten und Sagen lebten, sind sie nun von der Versorgung durch Es-Chatonica abhängig geworden. Der Glaube an die „ewig gütige Miku“ und ihr „Erdblut“ hat bei vielen von ihnen gelitten, seitdem der Tempel der Elementarherren zerstört wurde und das erste Organon in Dayama steht. Überhaupt ist das Selbstbewusstsein der Yunai verwundet, da es ihnen weder gelungen ist, die Eroberer abzuwehren, noch, eine eigene Herrschaft zu behalten, und da auch ihr Aufstand fehl schlug. Etwas scheint zerbrochen in den „Mikuskindern“, die einmal für ihren Stolz und ihre Tapferkeit gefürchtet waren. Die bittere Erkenntnis, dass sie, Mikus auserwähltes Volk, weder die einzigen noch die mächtigsten, ja nicht einmal unabhängige Menschen sind, lähmt sie geradezu. Sie gleichen ihre Lebensweise nun mehr und mehr der der Besatzer an.

Mann und Frau sind auf Yun weitgehend gleichberechtigt. Frauen dürfen politischen Einfluss nehmen und auch den typischen Schwertkampf lernen. Die meisten Frauen machen von diesen Möglichkeiten jedoch wenig Gebrauch, da Yun ohnehin nur wenige Kämpfer und Politiker nötig hat (jetzt, da es unter Besatzung steht, ist natürlich besondere Vorsicht geboten).

Nicht nur das yunische Rechtsempfinden kommt den meisten Chrymäern sonderbar vor. Auf Yun ist es z. B. legal, jemanden zu töten oder töten zu lassen, solange man sich mit der betreffenden Person darüber einig ist, verfeindet zu sein. Einen Unterlegenen am Leben zu lassen, gilt dafür als Demütigung der entsprechenden Person. Daher zeigen Yunai jemandem absurderweise ihren Respekt, indem sie ihn töten! Man kann sich vorstellen, zu welchen unangenehmen Zwischenfällen diese Denkweise im Krieg gegen Yun geführt hat. Dieses Gesetz wurde zwar von den Besatzern für ungültig erklärt, aber das Verbot hat wenig Einfluss auf so festgefügte Ansichten.

Yunai lieben nach wie vor Waffen, und wer es sich leisten kann, besitzt wenigstens ein leichtes Schwert und trägt es auch. Ihre Schwertschmiede gelten als die besten der Welt. Im Kampf mit der Klinge gibt es wohl wenige, die einen ausgebildeten yunischen Krieger abwehren könnten; gegen ein Hexol-Gewehr freilich ist alle Kunstfertigkeit vergeblich. Daher können Touristen heute die „dalahimi“, die legendären Schwertkünstler der Insel, in Schaukämpfen gegen ein paar As bewundern.

Glaube und Aberglaube

Die Sagenwelt der Yunai ist weltbekannt, da sie sich als letzte Mythologie nach Sunderwrights „Säuberung“ gehalten hat. Viele Menschen empfinden sie mit einer gewissen verächtlichen Haltung als poetisch. Allerdings hat die Gläubigkeit der Yunai nach der vollständigen Eroberung ihrer Inseln stark nachgelassen.

Die höchste Göttin dieses Kulturkreises ist Miku (wörtlich „gütiges Blut“), genannt „die Gütige“, die in der Gestalt einer Katze mit hexolfarbenen Augen verehrt wird. Sie ist eine Erscheinungsform von Mikuma („Mutter des gütigen Blutes“), der allgegenwärtigen, lebensspendenden Weltgottheit. Mikus Diener sind die vier Elementarherren Hraka, Maka, Kaika und Yanka, tiergestaltige Naturgottheiten, die zugleich hilfreich und zerstörerisch sind. Die Elementarherren leben in ständigem Kontakt mit den Menschen und unterstützen sie, strafen sie aber auch. Bisweilen erscheinen sie, wenn ein Mensch mit reinen Absichten sie ruft, und lassen sich von ihm reiten – so erzählt zumindest die Sage. Die Feindin Mikus ist ein Wesen, dessen Namen nicht genannt werden darf. Die Yunai bezeichnen dieses Wesen verhüllend als Die-Dunkelheit-ausspeit. Sie versucht, Mikus Schöpfung zunichte zu machen, indem sie Dämonen gebiert, die den Menschen schaden. Der bekannteste dieser Dämonen ist Rakshaska („Atem der Giftseele“), die personifizierte Pest, der von dem legendären „ersten Yun“ besiegt wurde, einem sagenhaften Schwertkämpfer.

Hexol, das die Yunai Erdblut nennen, gilt als Blut von Mikuma und ist deswegen heilig. Wenn jemand Hexol trinkt und die damit stets einhergehenden magischen Kräfte erhält, heißt es bei den Yunai, er sei von Miku gesegnet worden. Aus religiösen Gründen verwenden die Yunai Hexol nur im Notfall. Sehr zur Belustigung der Es-Chatonicaner vertreten sie jedoch die Ansicht, jemand müsse ein reines Herz besitzen, um Hexol nutzen zu können, und ein schlechter Mensch werde niemals von Miku gesegnet.

Auch Menschen tragen laut der yunischen Religion einen unsterblichen Teil in sich, der nach ihrem Tod in Mikumas Schoß zurückkehrt. Kommt ein Mensch mit Gewalt ums Leben, ist sein unsterblicher Teil empört und fordert Genugtuung von seinem Mörder, indem er sein Blut trinken will. Diese „hungrigen Geister“ sind zwar unheimlich, aber harmlos. Da sie nur saugen können, stellen ihnen Yunai, die getötet haben, Schalen mit Milch und Brei hin, um sie zu sättigen und somit loszuwerden.

Auch glauben die Yunai, dass ein spezielles Organ, drittes Auge genannt, notwendig ist, um Dämonen und Geister sehen zu können. Obgleich jeder Mensch eines besitzt, muss er lernen, es zu öffnen, um zwischen Menschen und Dämonen o. ä. zu unterscheiden. Tätowierungen auf der Stirn in Form eines Auges sind unter den Yunai nichts Besonderes.

Aberglaube spielt im Leben der Yunai eine wichtige Rolle, und es ist unmöglich, hier alle Ansichten und Rituale festzulegen, die ihr Leben noch immer bestimmen. Es fängt damit an, dass sie an Stellen, wo eine bestimmte Blume wächst, keine Häuser bauen, und geht so weit, dass sie sich vor Katzen verneigen oder vor Füchsen ausspucken. In der yunischen Mythologie gibt es keine Zufälle und nichts existiert, was nicht in irgend einem Zusammenhang mit der Sage stünde.

Sprache

Yurak, der „Atem der Berge“, ist eine komplexe Sprache, die sich aus relativ wenigen Grundsilben mit festgelegten Bedeutungen zusammensetzt. Indem die Silben nach bestimmten Regeln miteinander kombiniert werden, entstehen neue Wörter. Übersetzt enthalten daher viele yunische Wörter eine Umschreibung. Das Wort für Baum z. B., dsusa, lässt sich mit „große/hohe Pflanze“ übersetzen. Andere Wörter und auch Eigennamen sind entsprechend gebildet. In Sätzen unterliegt die Reihenfolge der Satzglieder strengen Regeln. Yunische Lyrik ist extrem kompakt und schwer zu übersetzen.

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